Donnerstag, 9. August 2007

Verschleiß

Also es ist so. Ich bin kein depressiver Mensch, höchstens mal ein bisschen traurig und dann ist auch meist ein Anlass dafür vorhanden. .
Und diesmal ist der Anlass für die Verstimmung ein ganz alltäglicher und hier schon ziemlich breitgewalzter.
Er hat mit der Tatsache zu tun, dass man altert und verschleißt. Und davon rührten ganz offensichtlich auch die Missempfindungen und die Krankheits- und Schwindelgefühle der letzten Zeit.
Weil ich mich schlecht behandelt fühlte, war ich kürzlich noch bei der Vertretung meiner bisherigen Hausärztinm dieser faktengläubigen internistischen Fachidiotin. Und der Vertreter - ein lieber Mensch mit warmen und trockenen Händen wie sie mein Mann auch hat - drehte mal ein bisschen an meiner Halswirbelsäule, mal nach rechts bis kurz vom Anschlag und mal links – da war der Anschlag etwas großzügiger, dann hat er mich sofort zum Röntgen überwiesen.

Und heute komme ich von der Röntgenpraxis. Na, was soll ich sagen - da stehen sie alle im Befund, die Fachtermini über die Beanspruchung und Abnützung der Apparatur, die einen zum aufrechten Gang befähigt oder zumindest dafür, dass man den Kopf schmerzfrei oben behält und auch drehen kann.
Es treten da auf: Ein Cervicocephalsyndrom mit Myogelosen (das sind Muskelverhärtungen, auf die bin ich besonders stolz) , bei Bewegungseinschränkung und einem veritablen Vertigo (Da denke ich immer an Hitchcock).

Im Detail können wir eine abgeflachte Lordose der HWS vorweisen, Auch eine Osteochondrose und Spondylose def. sind zu konstatieren, zum Teil auch mit dorsalen Anbauten (das klingt nach schöpferischem Heinwerkerwesen)
Wir verfügen großzügig über eine Unkovertebralarthrose in bestimmten Bereichen, Auch eine Intervertebralarthrose steht uns hilfreich bei der weiteren Bewegungseinschränkung zur Verfügung. Es gibt auch noch eine partiell deutliche Einengung der Foramina intervertebralia. Weiterhin nennen wir eine segmentale Gefügestörung unser eigen.
Die Schlußapotheose bildet eine Osteoporose in allen dargestellten Knochen.

Weil wir gerade beim Verschleiß sind. Kürzlich war ich bei der Augenärztin, weil ich ausschließen wollte, dass der Schwindel vielleicht daher kommt. Auch bei dieser medizinischen Fachkraft – nichts als der übliche Verschleiß. "Sie wissen, dass bei Ihnen beidseitig der grauen Star anfängt?" fragte sie mich, die Antwort schon ahnend. Ich wusste es nämlich nicht. Ich hatte nur in letzter Zeit immer das Gefühl, dass ich mir links andauernd die Brille putzen muss. Eine schöne Linsentrübung bereitet sich zum progressiven Wirken vor. Und die Durchblutung ist auch nicht gut in den Augen. "Davon kommen die schwarzen Lichtspratzer, über die Sie eben Klage führten", sprach die Ärztin.

Was sagt Ihr nun? Neidisch wa. Ich bin ein alter Knochen, das ist meine ganze Krankheit. .Und seitdem ich das – natürlich schon geahnt habend – weiß, geht’s mir wieder besser. Unheilbar zu altern ist was anderes als unheilbar krank zu sein. Ich ging nach Hause und ließ mich trösten.

Das Leben spielt seltsam: Vor einigen Wochen fragte eine Lektorin an, ob ich einen kleinen Text hätte. Sie plant eine Anthologie in der das Thema „Frauen und Alter“ abgehandelt werden soll. Und es soll ironisch-heiter sein.
Na, herrlich.

Sonntag, 22. Juli 2007

Gift und Galle Griefahn

Die Politikerin Monika Griefahn hat sich dafür eingesetzt dass pornografische, gewaltverherrlichende und rassistische Rappertexte zwar nicht verboten, aber doch nicht am Tage für Jugendliche und Kinder zugänglich gesendet werden sollten.
Die Rapperszene rächte sich mit griefahnfeindlichen Texten. Das alles kann man im Internet nachlesen, wenn es – dank der marktwirksamen Medien – nicht schon bekannt ist.

Mir war das alles ziemlich wurscht. Aber als ich in der taz einen Meinungsbeitrag der SPD-Medienpolitikerin nachlas, sah ich mich auch zu einer gewissen Griefahnfeindlichkeit gedrängt. Sie plädiert für einen mündigen Umgang mit diesen Texten und das übliche bla, bla...

Einverstanden, bitteschön. Aber dann sondert sie noch so herrliche Statements wie das folgende ab: „Wissenschaftliche Untersuchungen wie die von Olaf Kessler bestätigen ..., "dass Kinder und Jugendliche, die nicht in einem sicheren sozialen Umfeld und in einer intakten Familie aufwachsen, ein viel höheres Aggressionspotenzial haben, wenn sie 15-mal am Tag Textzeilen wie "Ich fick dich in die Urinblase" hören. Solche Inhalte gehören eindeutig nicht ins Tagesprogramm von Radio- und Fernsehsendern.“.

Was will uns M.Griefahn damit sagen?
Ich schlußfolgere: Wenn solche Fortbildungsveranstaltungen nur noch am Abend und in der Nacht stattfinden, dann steht die Frage: Wie kriegt man mittelständische Weicheier auf die Höhe der für diese Zeiten notwendigen Härte?
Mit welcher Sorte Text bringt man die sozial-umfeldmässig gesicherten und intaktfamiliären nichtghettoisierten Kids in geordneten Verhältnissen zu dem für diese harten Zeiten erforderlichen Aggressionspotenzial?
Die sind ja schwer benachteiligt. Und kaum hocken sie sich vor den Fernseher und sehen zum Ausgleich des Diskriminierungsfaktors ein paar Aggroberlin Raps mit Schwulenhatz und all so schönen Sachen oder denken darüber nach, was eine Urinblase von einer Sprechblase unterscheidet, da kommen Muttis wie Monika Griefahn und erklären ihnen liebevoll, dass sie erst lernen müssen, damit umzugehen (Wir müssen reden!!!) Sie müssen begreifen lernen, dass sie ohne einen medienkompetenten-intellektuellen Kontext, der nicht alles so eins zu eins nimmt, diese Raps am Ende ernstnehmen und einen Schaden fürs Leben kriegen. Bis sie soweit sind, dürfen die das nicht sehen –ist das nicht furchtbar? In dieser Zeit haben die nichtintakten Prolls und Uschis (Unterschichten) einen solchen Vorsprung, dass sie die Urinblase verlassen und die Welt ficken. Und die intakten Kids singen vor sich hin:
Ich lieb* die Mutti vehement,
sie ist so medienkompetent.

Mittwoch, 27. Juni 2007

Ein Jammerstück

Kranksein ist schlimm und nicht unterhaltsam. Aber es ist Alltag und soll darum hier vermerkt sein. Seit fast vier Wochen laboriere ich herum. Erst eine Mandelentzündung, dann auf einmal eine allgemeine Schwäche, vielleicht ein Virusinfekt, den niemand erkennt. Aber im Gegensatz zu früheren Heimsuchungen geht es nicht weg. Schwindel, Benommenheit, Überdruss sie klammern sich an mich wie bösartige Kobolde.

Mit ungeklärten Sachen gerät man leicht in die Zwänge der Gesundheitsreform. Weil Quartalsende ist sollte die Diagnostik eigentlich auf den Anfang Juli verschoben werden. – Laborbesuche zum Beispiel Ich habe meine müden Knochen noch mal in die Praxis geschoben und gedrängelt. Und die Ärztin war doch so erschreckt, dass sie mir für heute einen Labortermin gegeben hat. Dahin bin ich nun heute morgen geschlurft – immer in dem Gefühl, ich sinke gleich hin. Weil ich das aber schon kenne seit der letzten Zeit, überwinde ich die ersten Panikmomente und bleibe an der Straßenbahnhaltestelle ruhig sitzen, um auf den Anschluss zu warten. Und ich sage mir, „Das geht vorbei, das geht vorbei, das geht vorbei...aber es ist ganz schrecklich. Auf einmal sind alle Strecken, die ich sonst so gern und behände und schnell durchmesse, lästige, quälende Hindernisse.

Schwer auf der Seele lagen mir all die versäumten schönen Termine der letzten Zeit: Die Reise nach Leipzig, die Treffen mit Bekannten. Das Einzige, woran mir liegt, ist häusliche Geborgenheit, Ruhe und Ungestört sein. Am Freitag habe ich einen Termin in der Hauptschule mit unserem Erzählprojekt. Ich hoffe sehr, dass ich bis dahin vielleicht doch ein bisschen besser drauf bin, aber ich verspüre jetzt etwas, das ich seit Jahrzehnten nicht mehr hatte – Erwartungsangst.

Was mir gut tut, das ist mein Mann. Der ist immer freundlich, versorgt mich und hört sich mein Gejammer an. Ein Segen.

Sonntag, 15. April 2007

Wort zum Sonntag

Im Zuge christlicher Rückbesinnung wird das religiöse Leben im Rundfunk - Deutschlandradio Kultur - durch ein "Wort zum Tage" und eine Sendung "Feiertag" widergespiegelt.
Heute gings da um den lieben Gott und seine Absichten mit uns Erdenmenschen (wer hätte das gedacht)

Da wird uns so richtig warm ums Herz, denn wir erfahren, dass der liebe Gott von uns nichts Unmögliches begehrt. Überhaupt nicht, er will das, was alle "höheren Instanzen" von uns wollen: Fordern und fördern will uns der liebe Gott, sagt irgendso ein Religionsfuzzi beim morgendlichen Andachtsgeschwätz. Er hat es gerade beim Gedankenaustausch mit IHM erfahren. Das machen die immer turnusmässig in einer Eckkneipe zum "Himmlischen Tropfen". Da kriegt er dann immer die Anregungen von IHM, der Christenmulllah und darf uns mit Erkenntnissen heimleuchten.

Und wir wissen: Aha, der liebe Gott will uns fördern und fordern. Und da fällt es uns wie Schuppen von den Augen. Der liebe Gott will das Gleiche, wie das Arbeitsamt. Der liebe Gott ist der Repräsentant des Jobcenters für alle Hartz IV Empfänger. Wie schlicht sind doch die Wege Gottes und wie noch schlichter die Gehirnwindungen derer, die uns Gottes Willen erläutern und auslegen.

Liebe Hartz IV-Empfänger, wenn Ihr mal wieder schwarz arbeitet, denkt daran, der liebe Gott hat einen direkten Draht zu Eurem Jobcenter. Und wenn er petzt, dann steht Ihr schön da. Amen

Dienstag, 13. Februar 2007

Kommunikationsprobleme

Ich wundere mich über mich. Als heute früh das grüne Licht an der NTBA aus war und das Telefon nicht ging, dachte ich, dass es jetzt bestimmt drei Wochen dauert, bis alles wieder so ist, wie es eingerichtet war bevor mich diese Schnapsidee mit dem neuen Tarif heimsuchte: Gemütlich, komfortabel, nicht auf dem allerneuesten Stand, aber o.k. Punkt.

Wutentbrannt, meinen Mann schier erschreckend, rannte ich in der Wohnung hin und her und jammerte: Ich habs ja gewusst, die halten sich nicht an die Stornierung, alles Mist. Der wollte mich beruhigen, aber damit erreichte er beinahe das Gegenteil. Ich zog fluchend meinen Mantel an und verließ das Haus. Es war beinahe ein Glück, dass ich mich gleich früh mit einer Mitstreiterin zu einem Termin verabredet hatte. Ich kam zwar abgeäschert an und wenig präpariert für das Gespräch mit einer Hauptschullehrerin über unser "Bildungsangebot", aber wenigstens wechselte ich aus dem Bannkreis virtueller Kommunikationsprobleme in den ganz normaler alltäglicher Kommunikation.
Es ist schon verrückt. Vor einem Jahr habe ich noch mit älteren Damen herumgewirtschaftet, in den nächsten Wochen sind es Hauptschüler. Eine siebte Klasse, einige aus schwierigen Verhältnissen, aber doch - wie die Lehrerin anmerkte - "ganz lieb". Wie und was wir mit denen machen, soll sich auch ein bisschen aus der Situation ergeben. Es soll im Rahmen des Ethikunterrichts angeboten werden. Ich bin selbst gespannt. Das Einzige, was ich mitbringe, ist, dass ich Kinder und junge Leute ernst nehme, mich aber auch nicht anbiedere. Ob das reicht, weiß ich nicht. Muss man sehen. Die Umstände des heutigen Treffens waren wenig geeignet, mich gelassener zu stimmen. Aber die Lehrerin hat mir gut gefallen. Die sind einfach Kummer gewöhnt. Ich kann auch "auf Grund laufen" mit dieser ganzen Geschichte, aber versuchen will ich es jetzt trotzdem.

Als ich nach Hause kam, war das grüne Lämpchen wieder an, das Telefon ging wieder und auch ins Netz komme ich, wie mein Schreibschwall beweist. Sie haben offensichtlich geschnallt, dass die Endgeräte nicht installiert sind und - hoffentlich - ohne nachfolgendes Theater wieder umgeschaltet.

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