Politisches

Sonntag, 27. September 2009

Nach der Wahl

Ich frage mich, ob es auch bei früheren Wahlsendungen Sitte war, dass ein BDI-Chef mit in einer Interviewrunden stand. Dass die Gewerkschaft dabei war, sollte ein Zeicihen der Ausgewogenheit sein. Aber es klingt schon merkwürdig, wenn ein Wirtschaftsvertreter schon mal seine Mitsprache - die es ja ohnehin gibt - so offen Mitsprache und Enfluss anmeldet.

Die Macht verlagert sich - noch deutlicher und wenig kaschiert - in Richtung der mächtigen Lobbygruppen. Der hohe Wahlsieg der FDP schafft neue Kanäle dafür. Jetzt hängt Merkels Glaubwürdigkeit für mich davon ab, ob es ihr gelingt, diese Einflüsse einzuhegen . Das Stichwort dafür ist heute abend in den Medien der Kündigungsschutz.

Ansonsten weiß ich nicht, ob eine Große Koalition besser gewesen wäre. Ich persönlich finde, dass - wenn es ums Messer wetzen geht -ein Franz Münterfering mit seinen bieder-heuchlerische Statements und den Intrigen mal voll reinlaufen könnte. Er kann ruhig auch Mist - die Opposition ist ja selbiger - forkeln den er selbst mit zu verantworten hat.

Samstag, 23. Mai 2009

Alles umschreiben

Kennen Sie diese herrliche Episode bei Alfred Tetzlaff, genannt Ekel-Alfred? Wie der seinem Sozi-Schwiegersohn erklärt, dass Walter Ulbricht schon immer ein Agent des Geheimdienstes von Arnold Gehlen war. Schon immer war der das. Schon im Moskauer Hotel Lux hat der im Auftrag von Gehlen die anderen Genossen "hingehangen". Nee, dass es den BND damals noch gar nicht gab, das ist unwesentlich, immerhin war der Gehlen ja schon Geheimdienstler bei der Regierung davor. Wie hieß die gleich, die Regierung? Ach ja Adolf Hitler hieß die Regierung davor und bei der war Gehlen Pionier des Militärischen Nachrichtendienstes für die Überwachung der Feindbewegungen an der Ostfront. Passt doch prima. Neben der Ostfront hat er gleich die Exilgenossen-Ost mit überwacht. Und da war ihm Ulbricht schon hochwillkommen. Es sollte ja gegen die anderen Kommunisten gehen. So war das.

Ja, und danach, da hat er doch die Mauer aufgebaut, der Ulbricht im Auftrag von Gehlen, sagt Tetzlaff.
Das war schon sinnvoll, weil durch diesen Mauerbau wurden Unmengen an Beton verbaut, das hat die „DDR“ damals so geschwächt. Dadurch konnten sie nicht weiter an den Autobahnen bauen, wie sie es ja schon unter Hitler gemacht hatte. Alles muss man neu bedenken, alles.

Wie komme ich jetzt drauf: Ach ja, wegen dem Kurras, diesem Stasi-Kunstschützen. Was hat der für die Bundesrepublik getan? Er hat die 68er kreiert, schon im Jahre 1967. So vorausschauend war sie, die Stasi. Sonderbar, diese Schläue, eigentlich waren das doch immer doofe Genossen.
Vielleicht gehörte die Stasi damals auch schon dem Arnold Gehlen. Kann sein, kann alles sein. Die Historie ist nichts als ein großes Ersatzteillager. Daraus kann man sich alles zusammenbasteln oder –rühren oder auch was reinstampfen. Und außerdem, was Tetzlaff sagt, ist ein Wahnsinn, aber ist nicht die ganze Geschichte ein Wahnsinn.

Vor einigen Jahren gabs mal ein Plakat, auf dem ganz deutlich wurde, dass auch andere das so sehen. Da sah man schwer arbeitende Trümmerfrauen, wie sie kurz nach dem Kriege eben zu finden waren. Aber drunter stand – vorausschauend: Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen“. Also war doch nicht Ulbricht der Bösewicht.
Sehn Sie, das ist die endgültige Wahrheit. Trümmerfrauen sind an allem schuld an allem. Die Geschichte muss neu geschrieben werden....

Freitag, 20. März 2009

"Kontraste" : Hartz IV-Empfänger bitte nicht füttern!!!

http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_19_03/beitrag_2.html

Ja, man soll journalistisch wagemutig sein, die Dinge mal ein bisschen hinterfragen, Themen „gegen den Strich“, bürsten, ungewohnte Aspekte einbeziehen. So etwas müssen sich die Autoren des Beitrages "Fragwürdige Hilfe – Lebensmittelspenden hemmen Eigeninitiative", der am gestrigen Donnerstag beim ARD-Magazin "Kontraste" lief, gedacht haben - wenn man gutwillig ist. Was dann aber ablief, war schwer zu ertragen:

So vernünftig es sein mag, über das "Tafelwesen" auch kritisch zu berichten, so absolut daneben ist es, wenn ein Vertreter des Instituts der deutschen Wirtschaft, ein Herr Dr. Dominik Enste, sich mit folgendem Statements in die Debatte einbringt:
„Wenn man sich daran gewöhnt, wenn das regelmäßige Leistungen sind, kann es eben dazu führen, dass man unselbständiger wird, dass man irgendwann gar nicht mehr selber in der Lage ist zu kochen, einzukaufen, und man kein Gefühl mehr hat für Preise in den Geschäften, ja einfach die Relationen nicht mehr im Blick hat und auch gar nicht mehr einschätzen kann, wie weit bin ich Almosenempfänger, inwieweit bin ich noch selbständig in der Lage mein Leben zu gestalten.“

und sich dann zu Aussagen aufschwingt wie:

„Kernproblem kann bei den Tafeln dadurch entstehen, dass Menschen längerfristig die Fähigkeit verlieren, für sich selber zu sorgen. Das heißt, dass sie fast wie bei einer Fütterung in der freien Wildbahn, man falsch erzogen wird, man selber nicht mehr in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, also bildlich gesprochen jagen zu gehen und für sich selber zu sorgen, sondern immer stärker angewiesen wird auf diese Hilfe.“

Ich dachte - wie auch einige Kontraste-Blogger, die kein Blatt vor den Mund nahmen - das sei eine Satire-Sendung. War es aber nicht. Es war ein Beitrag, bei dem man den Verdacht nicht loswurde, dass das Teil mit Unterstützung der - man kennt sie ja schon - INSM ins Programm gehievt wurde. Denn auch in den Aspekten, die durchaus diskussionswürdig gewesen wären, war dieser Beitrag merkwürdig kurzatmig in den Argumenten. Eine alleinerziehende Mutter, die jetzt von ihrem Hartz IV-Geld wieder selbst kocht (und mit ihren eigenen Einkäufen natürlich die Wirtschaft ankurbelt) und ihre Zufriedenheit darüber sehr plakativ bekundet, einige Stimmen von Akteuren und Helfern in den Suppenküchen, die meinten, manche Hartz IV-Empfängern könnten nicht mit dem Geld umgehen und ähnliche Einlassungen erschreckten mit ihren Tendenzen zur Bevormundung und Kontrolle.

Es könnte ja in der Tat eine PR-Aktion des unter Umsatzeinbruch leidenden Einzelhandels sein, die sich hier den Fernsehzuschauern präsentierte.
Mir war nicht mehr nach Essen nach diesem Beitrag – eher nach dem Gegenteil.

Mittwoch, 18. März 2009

Wassermangel und Feuchtgebiete

In diesen Tagen findet in Istanbul das 5. Weltwasserforum statt. Seit Jahren warnen sowohl UNO-Organisationen, offizielle Vertreter der Staaten, als auch NGO’S vor einer weltweiten Wasserkrise. Und wie so oft hat sich die private Wirtschaft bereits in Position begeben,
"Easy water is over", erklärte Gerard Payen, der Präsident der Internationalen Vereinigung der privaten Wasserwirtschaft. Die Zeiten, in denen Wasser in ausreichendem Maße verfügbar war, sind vorbei.

Das war es schon vorher nicht. Schon immer war Wasser ein Instrument in der politischen Auseinandersetzung, eine kalkuliert eingesetzte Waffe.
In den besetzten Gebieten klagten die palästinensischen Bewohner, dass ihnen von den israelischen Siedlern das Wasser abgegraben wird, der Nahostkonflikt hat auch mit dem Kampf ums Wasser zu tun. Zwischen Staaten ist der Zugriff zu den Wasserressourcen immer wieder ein Konfliktthema.

Im Zusammenhang mit dem Weltwasserforum sprach Grünen-Politikerin, Uschi Eid, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, einen besonders problematischen Aspekt an.: 2,6 Milliarden Menschen haben keine sanitäre Versorgung. Sie verwies im Zusammenhang damit auch darauf, dass besonders Frauen von diesem Mangel betroffen sind. Sie brauchen – viel mehr als Männer – die sichere Abgeschiedenheit und Wahrung der Intimität bei der Verrichtung elementarer menschlicher Bedürfnissen. Sie sind viel schneller von Krankheit und Infektionen bedroht, wenn die sanitären Bedingungen unhygienisch sind. Sie brauchen Körperhygiene dringend zur Erhaltung der Gesundheit.

Während ich diese Berichte las, kam mir - rein assoziativ – Roches „Feuchtgebiete“ in den Sinn. Man soll im Umgang mit solchen Werken nicht zu grundsätzlich und humorlos sein.
Trotzdem: Mir ist diese Lust am Unzivilisierten höchst suspekt, weil sich gerade unter den so ungerechten Bedingungen in der Welt darin ein ignoranter Zynismus manifestiert und die übliche westliche Egomanie.

Wenn man Berichte liest über Menschen, die irgendwo unter unhygienischen Bedingungen leben mussten – in Internierungslagern oder in der Kriegsgefangenschaft oder im KZ, dann waren für sie auch die hygienischen Bedingungen Mittel der Entwürdigung und kalkulierten Demütigung. Und das betraf ganz besonders die Frauen, die ständig durch die Biologie mit ihren Monatsrhythmen angreifbarer sind als Männer.
Im Internierungslager Gurs in Frankreich haben sie den Frauen verboten, sich ganz zu waschen. Nach ein paar Tagen haben sich die Frauen auch in Gegenwart der Wachtposten über dieses Verbot hinweggesetzt. So steht es im Bericht einer ehemaligen Lagerinsassin.

Dem Hygienewahn der Gegenwart eine Lust am Dreck, am stinkenden Exkrement und der übelriechenden Körperausscheidung entgegen zu halten das ist - in den Kalkülen der Gegenwart– finanziell erfolgreich, aber sonst einfach nur schwachsinnig. Meine Wertschätzung für Sophie Roche, die ja sonst ganz vernünftig zu sein scheint, ist auf Null gegangen.

Menschen sterben an Unsauberkeit überall in der Welt, millionenfach. Und vor allem – Frauen und Kinder.
Vielleicht ist Frau Roches Werk ja auch ein feinsinniger Protest gegen diesen Skandal. Wer weiß, wer weiß.

Dienstag, 24. Februar 2009

Freiheit

Hannes Waders Aktualisierung von
„Trotz alledem“

Es scheint als ob das Kapital
In seiner Gier und alledem
wie eine Seuche sich total
unaufhaltsam trotz alledem

über unseren Planeten legt
überwältigt und beiseite fegt
was sich ihm nicht freiwillig
unterwerfen will trotz alledem


Gnadenlose und verhängnisvolle Verknüpfung zwischen Kapital und Freiheit - genau so war es - eine brutale Umdefinition. Viele haben es gesehen, beklagt, angeklagt und wurden als Spinner, als Populisten als Ewiggestrige und was sonst noch beschimpft oder in den Medien gar nicht ins Wort gelassen.

Schon gleich nach der Wende – schon 1990 - hat das Peter Rühmkorf sehr hellsichtig in seinem Tagebucheintrag in „Tabu I“ umrissen:
„Freiheit das große Passepartout für jederart Gruppenegoismen, Stammesfehden, kompromissunfähiges Selbstbestimmungswüten. Kenn das Ende vom Lied, das sich immer wieder für einen Anfang hält, noch von früher her auswendig- "Freiheit das Ziel,/Sieg das Panier/ Führer befiel - /Wir folgen Dir.“

Als ich das zum erstenmal las, meinte ich als frisch in die „Freiheit“ entlassene DDR-Bürgerin noch, dass diese Linken immer übertreiben müssen. Aber jetzt ..
Mir sehr einleuchtend mit dem unglaublichen Wüten der Neoliberalen, die den Freiheitsbegriff pervertiert haben.
Wollt Ihr die totale Freiheit – ist ähnlich gefährlich wie Repression, vor allem, wenn nur eine Seite die Macht hat, zu definieren, was Freiheit ist. .

Heute an anderer Stelle wird Horst Eberhard Richter beim Neujahrsempfang der Gewerkschaften zitiert: „Die Freiheit, hinter der sich Gier und Egoismus im Neoliberalismus verstecken, ist nicht die von der Französischen Revolution gemeinte Freiheit, die von Gleichheit und Brüderlichkeit (besser Geschwisterlichkeit) aufgefangen wird.“

Es ist befreiend, wenn dieser Freiheits-Verlogenheit endlich ein Ende gemacht wird, wenn der Begriff auf seine Ursprünge zurückgeführt wird.

Montag, 9. Februar 2009

Der Kapitalismus geht zu Ende

In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben- so der Beitrag eines amerikanischen Wissenschaftlers auf Telepolis.

Was aber wird kommen oder kommt man so einfach überein, nimmt eine Flüstertüte und ruft: „Kapitalismus – beenden!“

Ich habe schon immer gedacht, dass der Sieg des Kapitalismus ein Pyrrhussieg ist, dass er gerade dabei ist, sich selbst zu zerstören. Die Revolution frisst ihre Kinder, der Kapitalismus frisst sich selbst auf. Aber welchen Preis werden die Menschen zu zahlen haben`. Chaos und Kämpfe sind programmiert und die Frage: Wem gehört die Welt ist wieder überall gestellt. Und das wird kosten. Die Welt es schwer aus den Fugen .

Man muss sich fürchten – es ist leider so. In 30 Jahren kann die Welt auch zerstört sein.

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Rattenplagen

Vor einigen Tagen kam mir an der Straßenbahnhaltestelle eine Dame entgegen, die mich entsetzt ansah. Erst bei näherem Hinsehen erkennte ich, dass sie eher entsetzt an mir vorbeisah. „Eine Ratte“, erklärte sie auf meinen fragenden Blick hin und wies auf den Gehweg hinter mir. Ich sah mich um, aber da war sie schon weg.
Erst nach einer Weile traute sich das scheue Tier wieder hervor. Ziemlich unängstlich. Ich erzählte meinem Mann davon. Der meinte, er habe im Umfeld unseres Hauses auch schon einige der Tiere gesehen. Und – seit einigen Tagen sind die bekannten roten Warnhinweise mit der Aufschrift Rattengift an allen Haustüren zu sehen.

Mir fiel der Beginn von Albert Camus „Die Pest“ ein. Da kommen vor der Epidemie ja auch die Ratten erst einmal aus der Kanalisation. Martin Kannegießer – der Präsident Gesamtmetall - verstieg sich bei der letzten Sendung von Anne Will – angesichts der kritischen Anmerkungen von Jutta Ditfurth auch zu der Bemerkung: Jetzt kommen sie aus allen Löchern. Das mit der Ratte ist offensichtlich ein Bild, das in diese Zeiten passt.

In Berlin hat die Rattenplage auch gleich noch eine politische Ratte aufgescheucht und zu sehr kreativen Vorschlägen gebracht.
Es wäre doch gut, wenn sich arme Leute - zum Beispiel Hartz IV-Empfänger – neben der Tätigkeit des Flaschensammelns - auch dem Rattenfängerwesen zuwendeten. Sie könnten ja pro Ratte 1 Euro bekommen.
Naja, ein Zyniker eben, der gemeint hat, er drückt die Meinung seiner politischen Freunde aus. Die denken so etwas sicherlich auch hin und wieder, aber sie würden das nie so sagen und deshalb kann man jetzt die berühmten Weltmeisterschaften im „Zurückrudern“ bewundern.

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus missbilligt die Äußerungen seines Parteifreundes zutiefst, ist ja klar. Sie sind doch nicht zu ratten, pardon zu retten – diese Politiker.

Samstag, 31. Mai 2008

Gregor Gysi und die DDR-Vergangenheit

Die Debatte um Gregor Gysis angebliche Stasi-Zuarbeit wirft kein gutes Licht auf die politischen Verhältnisse in diesem Land. Ein Bundestag darf Urteile fällen – Hinterbänkler dürfen den Stab brechen, das Mittelmaß feiert seine eigene Bedeutung in einer Angelegenheit, in dem die Volksvertreter sich ein bisschen weniger als Meute hätten gebärden sollen. Der Hass auf jene, die die vergangene DDR nicht in Bausch und Bogen verteufeln wollen und die – nun auch noch mit zunehmender Wirkung in Westdeutschland – linke Ideen in die Gesellschaft tragen und einer unglaubwürdig gewordene Politik damit ordentlich in die Parade fahren, treibt erschreckende Blüten. Mir ist in diesem Lande nicht wohl, in der ein Hubertus Knabe, der im Auftreten den Gegnern, die er bekämpft immer ähnlicher wird, den Ossis erklärt, wie sie die Dinge zu sehen haben.

Der ganze „Aufarbeitungsprozess“ war schon zu Beginn der 90er Jahre eine Farce und mehr Jahre ins Land gehen, umso mehr verstärkt sich das. Der Stasi-Vorwurf – bei Marianne Birhtler und Hubertus Knabe – wird er auch noch mit dem Vorwurf der Systemnähe vermischt ist eine Waffe, ein Instrument, nichts anderes.
Außerdem scheint es zum erklärten Ziel der DDR-Aufarbeiter zu gehören, die NS-Vergangenheit über die DDR-Vergangenheit gleich mit zu entsorgen und beide Diktaturen gleich zu setzen. Frau Birthler – von Beruf her eigentlich Katechetin und von bravem und einfältigem Gemüt – war schon immer eine überzeugte Antikommunistin, wie auch Gauck schon vor ihr und noch viel verbissener Hubertus Knabe, der ja immerhin mal ein Grüner und Linker war. Diese politische Einseitigkeit und der Kampf um Geld und Pfründe, der mit dem Aufarbeitungsgeschäft verbunden ist macht alles zweifelhaft und unglaubwürdig.

Der Aufbauverlag und die Treuhand

Es gibt immer so schön gemeine Sachen zu Bestaunen. Wenn es um die Abwicklung des Vermögens der ehemaligen DDR geht, sind die Leute ziemlich ahnungslos. Jetzt zum Beispiel hat sich herausgestellt, dass der zu Beginn der 90er von Bernd Lunkewitz gekaufte Aufbauverlag in Berlin – das Paradestück des DDR-Verlagswesens- überhaupt kein Volkseigentum war. In der „Welt“ schreibt Uwe Wittstock: „So wie es gegenwärtig aussieht, könnte ‚Aufbau’ ein letztes Opfer der von der Treuhand betriebenen Privatisierung von DDR-Staatsunternehmen werden. Der Vorgang ist - um das mindeste zu sagen - beunruhigend und mit Blick auf die Vorgehensweise der Treuhand höchst bedenklich“. Der Aufbau-Verlag gehört dem Kulturbund. Aber das hat die Treuhand nicht interessiert – ist ja auch egal mögen die sich gesagt haben – weg damit.

Lunkewitz hat seinen Verlag dann vom Kulturbund noch einmal gekauft. Und er forderte von der Treuhand, das vergangene Geschäft rückgängig zu machen. Die aber weigerte sich, obwohl die Beweislage eindeutig war. Lunkewitz – so berichtet die Welt – habe oft zitiert, was man ihm von der Treuhand entgegenhielt: „Wenn Sie gegen uns klagen wollen, müssen Sie einen langen Atem haben“. Und dies, obwohl sie bei der Treuhand wussten, dass sie einen Fehler gemacht hatten.

Niemand wird sich jetzt mehr wundern, dass Bürgern aus der ehemaligen DDR manchmal die Galle hochkommt angesichts dieser Gutsherrenmanieren – Wittstock spricht von Hemdsärmeligkeit. Das war fremdes Eigentum –aber das hat die Treuhand nicht gestört. Es kam nicht drauf an. Pingelig wurden die nur, wenn es darum ging, Alteigentümern wieder zu ihren Besitztümern zu verhelfen. So geht man mit „Besiegten“ um und nicht mit freiwillig beigetretenen Bürgern.

Bernd Lunkewitz hat also geklagt und Recht bekommen. Die Treuhand müsste für den entstanden Schaden aufkommen. Das Ding ist damit aber nicht zu Ende – und es ist auch nicht sinnvoll, die weiterein Rechtserörterungen zu dokumentieren.
Der Verlag wird wohl weiter publizieren, Lunkewitz ist pfiffig genug, aber was wenn Leute die Nerven nicht haben? Die müssen aufgeben.

Samstag, 8. Dezember 2007

Folter

Der Philosoph Slavoj Zisek, Direktor des Birkbeck Institute for the Humanities in London, hat vor einer „Normalisierung“ der Folter in Diskurs und Praxis gewarnt. Er hat dafür eine ziemlich lange Abhandlung geschrieben und sicherlich das Problem von allen Seiten beleuchtet. So stellt er fest: „Beispielsweise gilt als klares Zeichen von Fortschritt in der westlichen Gesellschaft, dass gegen Vergewaltigung nicht argumentiert werden muss: "Dogmatisch" ist jedem klar, dass Vergewaltigung "falsch" ist. Setzte sich jemand für die Legitimität von Vergewaltigungen ein, würde er so lächerlich wirken, dass er sich von jeder weiteren Beachtung disqualifizierte. Und dasselbe sollte auch für Folter gelten“.

Fernab von allen prinzipiellen Erwägungen ist die Tatsache, dass Geständnisse durch Folter erpresst wurden und es ein rechtsfernes Internierungslager auf einem USA-Stützpunkt in Kuba gibt, schon erschreckend in die Altags-, und Trivialkommunikation eingedrungen.
In einem Trailer für eine ARD Familienserie bejammert eine gestresste Hausfrau das Chaos’ in ihrem Haus und die Rüpeleien einiger Familienangehöriger mit den Worten: Das ist ja hier wie in Guantanamo. Ich dachte, ich habe mich verhört.
Eines Tages wird es so sein, dass Unterdrückung in diesem Lande mit dem Einverständnis der Mehrheit vollzogen wird und das ist ja schließlich Demokratie. Allerdings keine repräsentative Demokratie, sondern eine repressive.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Status

Online seit 7162 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 12. Apr, 12:18

Suche

 

Aktuelle Beiträge

Die Strafe folgt spät
Gestern am 01.04. 10 (indes kein Aprilscherz!)musste...
malef - 2. Apr, 19:03
Das...
...kenn ich. Ganz genau so. Nur: "Wenn es ein Urteil...
rivka - 14. Mär, 16:59
Immer wieder ein Sonnenuntergan
Heute mal wieder ein schönes Bild von den Tatsachen...
Magda - 3. Feb, 19:44
Nächtliches Kunsterlebnis
Letzte Nacht konnte ich lange nicht einschlafen - weiß...
Magda - 3. Feb, 09:14
Jerome D. Salinger
Wenn ich mich recht erinnere, erschien Salingers „Fänger...
Magda - 28. Jan, 21:27