Sonntag, 22. Juli 2007

Gift und Galle Griefahn

Die Politikerin Monika Griefahn hat sich dafür eingesetzt dass pornografische, gewaltverherrlichende und rassistische Rappertexte zwar nicht verboten, aber doch nicht am Tage für Jugendliche und Kinder zugänglich gesendet werden sollten.
Die Rapperszene rächte sich mit griefahnfeindlichen Texten. Das alles kann man im Internet nachlesen, wenn es – dank der marktwirksamen Medien – nicht schon bekannt ist.

Mir war das alles ziemlich wurscht. Aber als ich in der taz einen Meinungsbeitrag der SPD-Medienpolitikerin nachlas, sah ich mich auch zu einer gewissen Griefahnfeindlichkeit gedrängt. Sie plädiert für einen mündigen Umgang mit diesen Texten und das übliche bla, bla...

Einverstanden, bitteschön. Aber dann sondert sie noch so herrliche Statements wie das folgende ab: „Wissenschaftliche Untersuchungen wie die von Olaf Kessler bestätigen ..., "dass Kinder und Jugendliche, die nicht in einem sicheren sozialen Umfeld und in einer intakten Familie aufwachsen, ein viel höheres Aggressionspotenzial haben, wenn sie 15-mal am Tag Textzeilen wie "Ich fick dich in die Urinblase" hören. Solche Inhalte gehören eindeutig nicht ins Tagesprogramm von Radio- und Fernsehsendern.“.

Was will uns M.Griefahn damit sagen?
Ich schlußfolgere: Wenn solche Fortbildungsveranstaltungen nur noch am Abend und in der Nacht stattfinden, dann steht die Frage: Wie kriegt man mittelständische Weicheier auf die Höhe der für diese Zeiten notwendigen Härte?
Mit welcher Sorte Text bringt man die sozial-umfeldmässig gesicherten und intaktfamiliären nichtghettoisierten Kids in geordneten Verhältnissen zu dem für diese harten Zeiten erforderlichen Aggressionspotenzial?
Die sind ja schwer benachteiligt. Und kaum hocken sie sich vor den Fernseher und sehen zum Ausgleich des Diskriminierungsfaktors ein paar Aggroberlin Raps mit Schwulenhatz und all so schönen Sachen oder denken darüber nach, was eine Urinblase von einer Sprechblase unterscheidet, da kommen Muttis wie Monika Griefahn und erklären ihnen liebevoll, dass sie erst lernen müssen, damit umzugehen (Wir müssen reden!!!) Sie müssen begreifen lernen, dass sie ohne einen medienkompetenten-intellektuellen Kontext, der nicht alles so eins zu eins nimmt, diese Raps am Ende ernstnehmen und einen Schaden fürs Leben kriegen. Bis sie soweit sind, dürfen die das nicht sehen –ist das nicht furchtbar? In dieser Zeit haben die nichtintakten Prolls und Uschis (Unterschichten) einen solchen Vorsprung, dass sie die Urinblase verlassen und die Welt ficken. Und die intakten Kids singen vor sich hin:
Ich lieb* die Mutti vehement,
sie ist so medienkompetent.

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Josi1964 - 5. Aug, 11:34

Bravo!

Als nicht mehr ganz junger Fan des deutschsprachigen Rap habe ich das gern gelesen - wie so vieles von dir.
Ja, Frau Griefahn gibt den Rappern Gelegenheit, sich nun gerade als Antihelden der Nation hochzustilisieren, was ihnen ja wunderbar ins Konzept passt.
Mal abgesehen davon, dass ich es bedenklich finde, eine Subkultur, die gewisse Traditionen hat - es geht um Künstler, und seit wann muss Kunst gefällig, bürgerlich-angepasst sein? - derart abzuurteilen, ist der Rap eher ein Ventil, um mit Aggressionen klar zu kommen (das las ich kürzlich in einer Kritik des Eminem-Films 8Mile). Was die Politiker verlauten lassen, ist reiner Aktionismus, über den ich einfach nur den Kopf schütteln könnte, wenn Zensur nicht immer auch einen unangenehmen Beigeschmack hätte.
Raptexte enthalten nicht nur Zeilen wie die von dir zitierte - aber das weißt du ja sicher. Für mich ist es teilweise ganz heiße, dynamische, oft auch sehr melodisch ansprechende Musik. (Ich habe den Appell in der Bravo zur Rettung des Rap unterzeichnet. ;-))
Viele Grüße von Josi - die gerne beim Abwaschen Gangsta-Rap hört (und trotzdem nicht auf die Straße rennt und Leute überfällt).

Tubias - 21. Aug, 22:35


Ich wollte nur sagen, daß ich Abitur habe und 45 bin und mir (wenn nicht gerade alles in die Ferien ausgestorben ist) immer so Jugendliche mit dröhnenden Handies entgegenkommen, also was sind das denn für Handies, die können abgehackt scheppern. Kurz und gut, wie kann man solche Musik (?) aus freien Stücken hören. Ich bin da zu alt für. Einfach zu alt. Ich höre (und spiele) Polkas. Nun die nächste Frage: Ist nicht auch Frau Griefahn zu alt? Wer ist das überhaupt? Jedenfalls heißt sie Monika. Also zu alt für Rap. Ansonsten fällt mir zu Monika nuur Gutes ein.

Ganz allgemein finde ich, daß die Alten immer genau wissen, was die heutige Jugend für's Leben schädigt. Und zu Amokläufern macht. Sie hauen drauf und meinen, davon wird dann alles besser.

Aber noch mal: Das sind verschiedene Welten. Ich selbst finde Rap zu hören eine Strafe. Aber da Rap offensichtlich in bestimmten Kreisen beliebt ist, heißt das: Das verstehe ich nicht. Solange Monika nichts versteht, kann sie sich auch nicht wirklich mitreden.

Spielt der Jugend und der Griefahn mehr Polkas vor! Roo-saa-mundää!


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