Samstag, 26. September 2009

Alles ein Abwasch I - Die Uckermark

Wieso widerfährt einem Landstrich soviel Unrecht, fragten wir uns heute am Trog.
Wenn ich meinen Mann zum Beispiel über jenen Landstrich befrage, dann fällt mir auf, dass seine Augen vom Grauen ins Grüne changieren. Das hat damit zu tun, dass er immer sehr lange ausholt mit seinen Erinnerungen und ich Zeit habe , diesen Farbwechsel zu verfolgen. Voran kommt man so aber nicht mit den Kaffeetassen.
Grün und Grau passt gut zu Uckermark, diesem Landstrich mit wortkargen Leuten. In Casekow, nicht weit von Schwedt, hat P. einige Zeit seiner Kindheit verbracht. Bei Großeltern, die sich dort in eine einfache Kate aus Berlin zurückgezogen hatten. Vor Bomben geschützt sein sollte er und - in der Nachkriegszeit - nicht hungern müssen. Auf dem Lande konnte man schon immer besser überleben. Kein elektrisches Licht, Aufstehen und ins Bett mit den Hühnern. Im Sommer im Kornfeld liegen und in den Himmel gucken. Bei beißendem Froststurm mit dem Großvater über das Feld stolpern und denken, man erfriert doch noch auf halber Strecke.

Der Großvater, ein Riese, der mit dem Daumennagel die Schrauben eindrehte, der eines Tages sagte, er nehme keinen Nachschlag mehr und im Nebenzimmer dann für immer still und stumm im Sessel saß Die kleine gottesfürchtige, zierliche Großmutter, die die Küken in der Küche fütterte, indem sie etwas Brot im Mund zerkleinerte und das dann den Schnäbeln hinhielt. Ich lerne gerade, dass der Begriff „Stubenküken“ daher kommt.

Nicht weit von diesem Casekow lag das Vorwerk Biesendahlshof, ein Herrensitz, in dem sich - wie man sagt - Krupp von Bohlen-Halbach erholte. Nach dem Krieg beherbergten viele der ehemaligen Gutshäuser entweder den Dorfkonsum oder den Kindergarten. Wir waren mal dort - noch vor der Wende - in Casekow und haben uns das Haus angeguckt. Und P. meinte, es riecht auf den Feldern noch genau so wie früher. P. hatte dort – gemeinsam mit einigen Verwandten - Ackerland geerbt, nicht viel, aber zum ersten Mal habe ich, als wir das verkauft haben, gespürt, was der Landbesitz in den Menschen weckt. Nicht immer Gutes. Wir jedenfalls sind es los, das Stück.

Die Uckermark - ziemlich einsam. Man müsste mal wieder in die Gegend fahren. Ach, dann regt man sich so auf über diese Brandenburger Autofahrer.

Samstag, 23. Mai 2009

Alles umschreiben

Kennen Sie diese herrliche Episode bei Alfred Tetzlaff, genannt Ekel-Alfred? Wie der seinem Sozi-Schwiegersohn erklärt, dass Walter Ulbricht schon immer ein Agent des Geheimdienstes von Arnold Gehlen war. Schon immer war der das. Schon im Moskauer Hotel Lux hat der im Auftrag von Gehlen die anderen Genossen "hingehangen". Nee, dass es den BND damals noch gar nicht gab, das ist unwesentlich, immerhin war der Gehlen ja schon Geheimdienstler bei der Regierung davor. Wie hieß die gleich, die Regierung? Ach ja Adolf Hitler hieß die Regierung davor und bei der war Gehlen Pionier des Militärischen Nachrichtendienstes für die Überwachung der Feindbewegungen an der Ostfront. Passt doch prima. Neben der Ostfront hat er gleich die Exilgenossen-Ost mit überwacht. Und da war ihm Ulbricht schon hochwillkommen. Es sollte ja gegen die anderen Kommunisten gehen. So war das.

Ja, und danach, da hat er doch die Mauer aufgebaut, der Ulbricht im Auftrag von Gehlen, sagt Tetzlaff.
Das war schon sinnvoll, weil durch diesen Mauerbau wurden Unmengen an Beton verbaut, das hat die „DDR“ damals so geschwächt. Dadurch konnten sie nicht weiter an den Autobahnen bauen, wie sie es ja schon unter Hitler gemacht hatte. Alles muss man neu bedenken, alles.

Wie komme ich jetzt drauf: Ach ja, wegen dem Kurras, diesem Stasi-Kunstschützen. Was hat der für die Bundesrepublik getan? Er hat die 68er kreiert, schon im Jahre 1967. So vorausschauend war sie, die Stasi. Sonderbar, diese Schläue, eigentlich waren das doch immer doofe Genossen.
Vielleicht gehörte die Stasi damals auch schon dem Arnold Gehlen. Kann sein, kann alles sein. Die Historie ist nichts als ein großes Ersatzteillager. Daraus kann man sich alles zusammenbasteln oder –rühren oder auch was reinstampfen. Und außerdem, was Tetzlaff sagt, ist ein Wahnsinn, aber ist nicht die ganze Geschichte ein Wahnsinn.

Vor einigen Jahren gabs mal ein Plakat, auf dem ganz deutlich wurde, dass auch andere das so sehen. Da sah man schwer arbeitende Trümmerfrauen, wie sie kurz nach dem Kriege eben zu finden waren. Aber drunter stand – vorausschauend: Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen“. Also war doch nicht Ulbricht der Bösewicht.
Sehn Sie, das ist die endgültige Wahrheit. Trümmerfrauen sind an allem schuld an allem. Die Geschichte muss neu geschrieben werden....

Freitag, 20. März 2009

"Kontraste" : Hartz IV-Empfänger bitte nicht füttern!!!

http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_19_03/beitrag_2.html

Ja, man soll journalistisch wagemutig sein, die Dinge mal ein bisschen hinterfragen, Themen „gegen den Strich“, bürsten, ungewohnte Aspekte einbeziehen. So etwas müssen sich die Autoren des Beitrages "Fragwürdige Hilfe – Lebensmittelspenden hemmen Eigeninitiative", der am gestrigen Donnerstag beim ARD-Magazin "Kontraste" lief, gedacht haben - wenn man gutwillig ist. Was dann aber ablief, war schwer zu ertragen:

So vernünftig es sein mag, über das "Tafelwesen" auch kritisch zu berichten, so absolut daneben ist es, wenn ein Vertreter des Instituts der deutschen Wirtschaft, ein Herr Dr. Dominik Enste, sich mit folgendem Statements in die Debatte einbringt:
„Wenn man sich daran gewöhnt, wenn das regelmäßige Leistungen sind, kann es eben dazu führen, dass man unselbständiger wird, dass man irgendwann gar nicht mehr selber in der Lage ist zu kochen, einzukaufen, und man kein Gefühl mehr hat für Preise in den Geschäften, ja einfach die Relationen nicht mehr im Blick hat und auch gar nicht mehr einschätzen kann, wie weit bin ich Almosenempfänger, inwieweit bin ich noch selbständig in der Lage mein Leben zu gestalten.“

und sich dann zu Aussagen aufschwingt wie:

„Kernproblem kann bei den Tafeln dadurch entstehen, dass Menschen längerfristig die Fähigkeit verlieren, für sich selber zu sorgen. Das heißt, dass sie fast wie bei einer Fütterung in der freien Wildbahn, man falsch erzogen wird, man selber nicht mehr in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, also bildlich gesprochen jagen zu gehen und für sich selber zu sorgen, sondern immer stärker angewiesen wird auf diese Hilfe.“

Ich dachte - wie auch einige Kontraste-Blogger, die kein Blatt vor den Mund nahmen - das sei eine Satire-Sendung. War es aber nicht. Es war ein Beitrag, bei dem man den Verdacht nicht loswurde, dass das Teil mit Unterstützung der - man kennt sie ja schon - INSM ins Programm gehievt wurde. Denn auch in den Aspekten, die durchaus diskussionswürdig gewesen wären, war dieser Beitrag merkwürdig kurzatmig in den Argumenten. Eine alleinerziehende Mutter, die jetzt von ihrem Hartz IV-Geld wieder selbst kocht (und mit ihren eigenen Einkäufen natürlich die Wirtschaft ankurbelt) und ihre Zufriedenheit darüber sehr plakativ bekundet, einige Stimmen von Akteuren und Helfern in den Suppenküchen, die meinten, manche Hartz IV-Empfängern könnten nicht mit dem Geld umgehen und ähnliche Einlassungen erschreckten mit ihren Tendenzen zur Bevormundung und Kontrolle.

Es könnte ja in der Tat eine PR-Aktion des unter Umsatzeinbruch leidenden Einzelhandels sein, die sich hier den Fernsehzuschauern präsentierte.
Mir war nicht mehr nach Essen nach diesem Beitrag – eher nach dem Gegenteil.

Mittwoch, 18. März 2009

Wassermangel und Feuchtgebiete

In diesen Tagen findet in Istanbul das 5. Weltwasserforum statt. Seit Jahren warnen sowohl UNO-Organisationen, offizielle Vertreter der Staaten, als auch NGO’S vor einer weltweiten Wasserkrise. Und wie so oft hat sich die private Wirtschaft bereits in Position begeben,
"Easy water is over", erklärte Gerard Payen, der Präsident der Internationalen Vereinigung der privaten Wasserwirtschaft. Die Zeiten, in denen Wasser in ausreichendem Maße verfügbar war, sind vorbei.

Das war es schon vorher nicht. Schon immer war Wasser ein Instrument in der politischen Auseinandersetzung, eine kalkuliert eingesetzte Waffe.
In den besetzten Gebieten klagten die palästinensischen Bewohner, dass ihnen von den israelischen Siedlern das Wasser abgegraben wird, der Nahostkonflikt hat auch mit dem Kampf ums Wasser zu tun. Zwischen Staaten ist der Zugriff zu den Wasserressourcen immer wieder ein Konfliktthema.

Im Zusammenhang mit dem Weltwasserforum sprach Grünen-Politikerin, Uschi Eid, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, einen besonders problematischen Aspekt an.: 2,6 Milliarden Menschen haben keine sanitäre Versorgung. Sie verwies im Zusammenhang damit auch darauf, dass besonders Frauen von diesem Mangel betroffen sind. Sie brauchen – viel mehr als Männer – die sichere Abgeschiedenheit und Wahrung der Intimität bei der Verrichtung elementarer menschlicher Bedürfnissen. Sie sind viel schneller von Krankheit und Infektionen bedroht, wenn die sanitären Bedingungen unhygienisch sind. Sie brauchen Körperhygiene dringend zur Erhaltung der Gesundheit.

Während ich diese Berichte las, kam mir - rein assoziativ – Roches „Feuchtgebiete“ in den Sinn. Man soll im Umgang mit solchen Werken nicht zu grundsätzlich und humorlos sein.
Trotzdem: Mir ist diese Lust am Unzivilisierten höchst suspekt, weil sich gerade unter den so ungerechten Bedingungen in der Welt darin ein ignoranter Zynismus manifestiert und die übliche westliche Egomanie.

Wenn man Berichte liest über Menschen, die irgendwo unter unhygienischen Bedingungen leben mussten – in Internierungslagern oder in der Kriegsgefangenschaft oder im KZ, dann waren für sie auch die hygienischen Bedingungen Mittel der Entwürdigung und kalkulierten Demütigung. Und das betraf ganz besonders die Frauen, die ständig durch die Biologie mit ihren Monatsrhythmen angreifbarer sind als Männer.
Im Internierungslager Gurs in Frankreich haben sie den Frauen verboten, sich ganz zu waschen. Nach ein paar Tagen haben sich die Frauen auch in Gegenwart der Wachtposten über dieses Verbot hinweggesetzt. So steht es im Bericht einer ehemaligen Lagerinsassin.

Dem Hygienewahn der Gegenwart eine Lust am Dreck, am stinkenden Exkrement und der übelriechenden Körperausscheidung entgegen zu halten das ist - in den Kalkülen der Gegenwart– finanziell erfolgreich, aber sonst einfach nur schwachsinnig. Meine Wertschätzung für Sophie Roche, die ja sonst ganz vernünftig zu sein scheint, ist auf Null gegangen.

Menschen sterben an Unsauberkeit überall in der Welt, millionenfach. Und vor allem – Frauen und Kinder.
Vielleicht ist Frau Roches Werk ja auch ein feinsinniger Protest gegen diesen Skandal. Wer weiß, wer weiß.

Montag, 16. März 2009

Nadja Tillers kluge Worte

"Vor dem Tod habe ich nur ein bisschen Angst, viel mehr fürchte ich die Hamburger Radfahrer." So Nadja Tiller gegenüber der Presse. Sie hat ja so Recht, die tolle alte Dame, die heute ihren 80. Geburtstag feiert.

Ich fand die immer so damenhaft, so stilvoll und darum muss ich das hier mal - noch gar nicht richtig durchformuliert - loswerden.

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