Mittwoch, 18. März 2009

Wassermangel und Feuchtgebiete

In diesen Tagen findet in Istanbul das 5. Weltwasserforum statt. Seit Jahren warnen sowohl UNO-Organisationen, offizielle Vertreter der Staaten, als auch NGO’S vor einer weltweiten Wasserkrise. Und wie so oft hat sich die private Wirtschaft bereits in Position begeben,
"Easy water is over", erklärte Gerard Payen, der Präsident der Internationalen Vereinigung der privaten Wasserwirtschaft. Die Zeiten, in denen Wasser in ausreichendem Maße verfügbar war, sind vorbei.

Das war es schon vorher nicht. Schon immer war Wasser ein Instrument in der politischen Auseinandersetzung, eine kalkuliert eingesetzte Waffe.
In den besetzten Gebieten klagten die palästinensischen Bewohner, dass ihnen von den israelischen Siedlern das Wasser abgegraben wird, der Nahostkonflikt hat auch mit dem Kampf ums Wasser zu tun. Zwischen Staaten ist der Zugriff zu den Wasserressourcen immer wieder ein Konfliktthema.

Im Zusammenhang mit dem Weltwasserforum sprach Grünen-Politikerin, Uschi Eid, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, einen besonders problematischen Aspekt an.: 2,6 Milliarden Menschen haben keine sanitäre Versorgung. Sie verwies im Zusammenhang damit auch darauf, dass besonders Frauen von diesem Mangel betroffen sind. Sie brauchen – viel mehr als Männer – die sichere Abgeschiedenheit und Wahrung der Intimität bei der Verrichtung elementarer menschlicher Bedürfnissen. Sie sind viel schneller von Krankheit und Infektionen bedroht, wenn die sanitären Bedingungen unhygienisch sind. Sie brauchen Körperhygiene dringend zur Erhaltung der Gesundheit.

Während ich diese Berichte las, kam mir - rein assoziativ – Roches „Feuchtgebiete“ in den Sinn. Man soll im Umgang mit solchen Werken nicht zu grundsätzlich und humorlos sein.
Trotzdem: Mir ist diese Lust am Unzivilisierten höchst suspekt, weil sich gerade unter den so ungerechten Bedingungen in der Welt darin ein ignoranter Zynismus manifestiert und die übliche westliche Egomanie.

Wenn man Berichte liest über Menschen, die irgendwo unter unhygienischen Bedingungen leben mussten – in Internierungslagern oder in der Kriegsgefangenschaft oder im KZ, dann waren für sie auch die hygienischen Bedingungen Mittel der Entwürdigung und kalkulierten Demütigung. Und das betraf ganz besonders die Frauen, die ständig durch die Biologie mit ihren Monatsrhythmen angreifbarer sind als Männer.
Im Internierungslager Gurs in Frankreich haben sie den Frauen verboten, sich ganz zu waschen. Nach ein paar Tagen haben sich die Frauen auch in Gegenwart der Wachtposten über dieses Verbot hinweggesetzt. So steht es im Bericht einer ehemaligen Lagerinsassin.

Dem Hygienewahn der Gegenwart eine Lust am Dreck, am stinkenden Exkrement und der übelriechenden Körperausscheidung entgegen zu halten das ist - in den Kalkülen der Gegenwart– finanziell erfolgreich, aber sonst einfach nur schwachsinnig. Meine Wertschätzung für Sophie Roche, die ja sonst ganz vernünftig zu sein scheint, ist auf Null gegangen.

Menschen sterben an Unsauberkeit überall in der Welt, millionenfach. Und vor allem – Frauen und Kinder.
Vielleicht ist Frau Roches Werk ja auch ein feinsinniger Protest gegen diesen Skandal. Wer weiß, wer weiß.

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Zuletzt aktualisiert: 12. Apr, 12:18

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