Jenny Gröllmann ist gestorben - das geht mir nah. Sie war eine von der wirklich guten Schauspielergarde der ehemaligen DDR.
Der Medienhype um diesen Film "Das Leben der Anderen", den ihr verflossener Ehemann Ulrich Mühe mit den Beschuldigungen gegenüber seiner ehemaligen Frau, noch verstärkt hat, hat mich so abgestoßen, dass ich mir den Film nicht angesehen habe. Mir genügt, was Anke Westphal in der „Berliner Zeitung“ dazu geschrieben hat.
Dass seine ehemalige Frau schwer krank war, wusste Mühe, und sicherlich ist er nicht schuld an ihrem Tod, aber er hat überhaupt keine Rücksicht auf sie genommen. So ist sie in die Mühlen einer PR-Maschine geraten, die am Ende genauso vernichten kann, wie der Repressionsapparat der Vergangenheit.
Immer mal wieder fragt man sich, wer in diesem Lande die großen Kessel am Kochen hält, wer die Themen setzt, wer bestimmt, was nicht verhandelt wird, wer bestimmt, was groß rauskommt. Natürlich geht es nicht so zu, wie früher bei der Abteilung Agitation und Propaganda beim ZK der SED, viel subtiler.
Aber ich merke, dass ich auch abirre, denn von Jenny Gröllmann schreibe ich auch fast nichts. So wie in allen Nachrufen natürlich diese Geschichte immer wieder aufkommt. Auch ich mache sie zum sie zum Objekt für andere Fragen. Ich bin eine treue Dienerin des Medienbetriebs.
Gestern ein Bericht über die Bayreuther Festspiele mit dem üblichen Promiauftrieb. Das ist ja nichts Neues. Sie eröffnen mit einer älteren Inszenierung vom Fliegenden Holländer.
Daraus gab es einige Szenenbilder, bei deren Anblick mich sofort Lachzwang überfiel.
Da sieht man zwei alte Knacker in einer Dekoration stehen, die aussieht wie aus dem Ohnesorg Theater, zum Beispiel für eine Klamotte wie „Tratsch im Treppenhaus“. Und die singen nun in Kapitänsuniform nebeneinander her, man sieht schon, dass die sich nicht leiden können.
Das Konzept der Inszenierung sieht die ganze Geschichte als Sentas Traum – Freudscher Firlefanz also. Der Vater und der Fliegende Holländer sind die gleiche Figur in Sentas Projektionswelt oder so ähnlich. Bitteschön, aber muss es deshalb so miefig aussehen?
Neugierig geworden suchte ich mir alte Rezensionen. Und wurde fündig.
„Verwunderlich (...), warum Sentas Begegnung mit ihrem ödipalen Geist so steif und bieder, ohne gefährlich inzestuöse Nähe abläuft, schreibt der Rezensent in der „Zeit“. Nich’ mal richtig Krawall also. Der Rezensent fühlte offensichtlich ebenfalls seinen Sinn für Humor herausgefordert: „John Tomlinson verwechselt als Holländer ein ums andere Mal Dämonie mit Kraft. Er profiliert sich als Sängerdarsteller-Haudegen, der noch den letzten verzweifelten Ringkampf mit dem Treppengeländer sucht.“ so eine Perle dieser Rezension.
Wagner ist was für den Bourgeois – ob als Großfamilie wie der ganze Wagnerclan oder für den Kleinbürger - der bestätigt kriegt, dass sich die größten Dramen in seiner Wohnstube abspielen, wenn auch nur als Kleinmädchenfantasie im Matrosenkleidchen. Eine Freudsche Fehlleistung – der ganze Wagnerscheiß. Bald wird es heißen, das „Rheingold“ ist auch nur eine Verbildlichung des allgegenwärtigen kleinbürgerlichen Neidkomplexes. Motto: „Was nützt dem Alberich das Gold, wen er sich einen runterholt.“. Na, is doch wahr.
Gestern noch auf RBB bis in die Nacht einen Teil von den „Kindern aus Golzow“ gesehen. Zugegeben – er moralisiert manchmal ein bisschen der Wilfried Junge, aber es bleibt doch ein unglaublich menschenfreundliches und dokumentarisch unerreichtes Unternehmen. Diesmal war der Onkel Willy aus Golzow dran, einer der viel tut, damit man ihn bemerkt, der gern irgendwohin ausbüchsen würde, es aber nicht wirklich wagt. Stattdessen hält er es mit den Frauen, betrügt seine eigene mit einer, die – abgesehen davon, dass sie weniger Gewicht hat – so ähnlich ist, wie die erste. Alle immer lebenspraktisch und patent, die ihm die Entscheidungen abnehmen. Er sieht aus wie ein italienischer Zigeuner und die Frauen wie seine Mutti. War oft so im Osten. Die Frauen trafen die Entscheidung, die Männer folgten gern und klagten in der Kneipe.
http://www.johannisthalsynchron.de/golzow.htm
Nur fünf Minuten Fussweg und ich bin hier in dieser tröstlichen Allee, im Pankower Schlosspark.
Immer mal wieder fällt auf, dass Leute, die die Rechtsordnung in diesem Land schützen sollen, ihre eigenen Gesetze gar nicht kennen.
Das saarländische Landesamt für Verfassungsschutz hat Oskar Lafontaine auf dem Kieker. Das lese ich bei „Spiegel online“. Und zwar, weil er in einer Partei ist, die – so der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Albert, – langfristig das bestehende kapitalistische System überwinden und eine sozialistische Gesellschaftsordnung einführen will.
„Wieso argumentiert der mit dem kapitalistischen System“, dachte ich bei mir, „das Grundgesetz regelt die Wirtschaftsform ja überhaupt nicht“. Das habe ich vor vielen Jahren mal in einer hervorragenden Fortbildung beigebogen gekriegt.
Und tatsächlich: Die Bundesrepublik Deutschland ist in der Wahl der Wirtschaftsform frei und wird nur durch die Verfassungsprinzipien des Rechts- und Sozialstaats, der Grundrechte und der Demokratie gebunden. Es sieht sogar laut Artikel 15 GG unter Umständen eine Sozialisierung der Urgüter vor. So heißt es .
Wir haben damals lange diskutiert darüber, aber es ist so. Die Behauptung, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem nur unter demokratischen Bedingungen gedeiht, ist ebenfalls umfangreich widerlegbar. Südkorea war in Zeiten, da es wirtschaftlich boomte keine Demokratie.
Und erst jetzt fiel mir auf, dass die – bei vielen nationalen Abstimmungen durchgefallene EU-Verfassung – sich auf die Marktwirtschaft festgelegt hat.Ich habe diese Debatte gar nicht genügend beachtet und sehe jetzt, dass diese Verfassung auch ein Einfallstor für diese Festschreibung wäre.
"Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union im Sinne des Artikels I-3 umfasst nach Maßgabe der Verfassung die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist." - lese ich in einem seriösen Beitrag.
Nachtigall, ick hör Dir trapsen......