Samstag, 31. Mai 2008

Gregor Gysi und die DDR-Vergangenheit

Die Debatte um Gregor Gysis angebliche Stasi-Zuarbeit wirft kein gutes Licht auf die politischen Verhältnisse in diesem Land. Ein Bundestag darf Urteile fällen – Hinterbänkler dürfen den Stab brechen, das Mittelmaß feiert seine eigene Bedeutung in einer Angelegenheit, in dem die Volksvertreter sich ein bisschen weniger als Meute hätten gebärden sollen. Der Hass auf jene, die die vergangene DDR nicht in Bausch und Bogen verteufeln wollen und die – nun auch noch mit zunehmender Wirkung in Westdeutschland – linke Ideen in die Gesellschaft tragen und einer unglaubwürdig gewordene Politik damit ordentlich in die Parade fahren, treibt erschreckende Blüten. Mir ist in diesem Lande nicht wohl, in der ein Hubertus Knabe, der im Auftreten den Gegnern, die er bekämpft immer ähnlicher wird, den Ossis erklärt, wie sie die Dinge zu sehen haben.

Der ganze „Aufarbeitungsprozess“ war schon zu Beginn der 90er Jahre eine Farce und mehr Jahre ins Land gehen, umso mehr verstärkt sich das. Der Stasi-Vorwurf – bei Marianne Birhtler und Hubertus Knabe – wird er auch noch mit dem Vorwurf der Systemnähe vermischt ist eine Waffe, ein Instrument, nichts anderes.
Außerdem scheint es zum erklärten Ziel der DDR-Aufarbeiter zu gehören, die NS-Vergangenheit über die DDR-Vergangenheit gleich mit zu entsorgen und beide Diktaturen gleich zu setzen. Frau Birthler – von Beruf her eigentlich Katechetin und von bravem und einfältigem Gemüt – war schon immer eine überzeugte Antikommunistin, wie auch Gauck schon vor ihr und noch viel verbissener Hubertus Knabe, der ja immerhin mal ein Grüner und Linker war. Diese politische Einseitigkeit und der Kampf um Geld und Pfründe, der mit dem Aufarbeitungsgeschäft verbunden ist macht alles zweifelhaft und unglaubwürdig.

Der Aufbauverlag und die Treuhand

Es gibt immer so schön gemeine Sachen zu Bestaunen. Wenn es um die Abwicklung des Vermögens der ehemaligen DDR geht, sind die Leute ziemlich ahnungslos. Jetzt zum Beispiel hat sich herausgestellt, dass der zu Beginn der 90er von Bernd Lunkewitz gekaufte Aufbauverlag in Berlin – das Paradestück des DDR-Verlagswesens- überhaupt kein Volkseigentum war. In der „Welt“ schreibt Uwe Wittstock: „So wie es gegenwärtig aussieht, könnte ‚Aufbau’ ein letztes Opfer der von der Treuhand betriebenen Privatisierung von DDR-Staatsunternehmen werden. Der Vorgang ist - um das mindeste zu sagen - beunruhigend und mit Blick auf die Vorgehensweise der Treuhand höchst bedenklich“. Der Aufbau-Verlag gehört dem Kulturbund. Aber das hat die Treuhand nicht interessiert – ist ja auch egal mögen die sich gesagt haben – weg damit.

Lunkewitz hat seinen Verlag dann vom Kulturbund noch einmal gekauft. Und er forderte von der Treuhand, das vergangene Geschäft rückgängig zu machen. Die aber weigerte sich, obwohl die Beweislage eindeutig war. Lunkewitz – so berichtet die Welt – habe oft zitiert, was man ihm von der Treuhand entgegenhielt: „Wenn Sie gegen uns klagen wollen, müssen Sie einen langen Atem haben“. Und dies, obwohl sie bei der Treuhand wussten, dass sie einen Fehler gemacht hatten.

Niemand wird sich jetzt mehr wundern, dass Bürgern aus der ehemaligen DDR manchmal die Galle hochkommt angesichts dieser Gutsherrenmanieren – Wittstock spricht von Hemdsärmeligkeit. Das war fremdes Eigentum –aber das hat die Treuhand nicht gestört. Es kam nicht drauf an. Pingelig wurden die nur, wenn es darum ging, Alteigentümern wieder zu ihren Besitztümern zu verhelfen. So geht man mit „Besiegten“ um und nicht mit freiwillig beigetretenen Bürgern.

Bernd Lunkewitz hat also geklagt und Recht bekommen. Die Treuhand müsste für den entstanden Schaden aufkommen. Das Ding ist damit aber nicht zu Ende – und es ist auch nicht sinnvoll, die weiterein Rechtserörterungen zu dokumentieren.
Der Verlag wird wohl weiter publizieren, Lunkewitz ist pfiffig genug, aber was wenn Leute die Nerven nicht haben? Die müssen aufgeben.

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Zuletzt aktualisiert: 12. Apr, 12:18

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