Donnerstag, 28. Oktober 2004

Die Mutter Sprache

Zitat

Mittwoch, 27. Oktober 2004

Eine Lesung

Ich hatte gestern eine Lesung. Glossen, Geschichten und Scherze aller Art.
Es hat den Leuten sehr gefallen, es gab richtige Lacher und auch ein bißchen Geld. Vielleicht kann ich mich als Vortragende etablieren. Würde ich gern.
Aufgefallen ist mir, dass man anders schreiben muß, wenn man Texte laut vortragen will. So mancher Parenthese-Satz, den ich sonst reinzwänge, kam mir hier wie ein Stolperstein vor. War eine interessante Erfahrung. Seit ich schreibe, habe ich es mit dem gedruckten Wort an einen fernen Leser zu tun.
Das vorgetragene Wort ist eine andere Kiste. Ein ordentlicher Text sollte in beiden Vortragsarten gleich gut ankommen.
Ich werde mir das angewöhnen, mir meine Texte selbst laut vorlesen. Es hilft beim Schreiben, es schafft ein musikalisches Gespür für Wort und Satzbau.

Dienstag, 26. Oktober 2004

Ein Fuchs in der Grossstadt

Bei strahlendem Sonnenschein lief ich über die Heinersdorfer Autobahnbrücke nach Pankow zurück.
Der Wind wehte mir zwar unangenehm entgelegen und die Sonne blendete mich, aber das immer bunter werdende Grün stimmt einen irgendwie sanftmütig.
Auf der anderen Seite der Allee fiel mir ein Hund auf, der mir aus irgendeinem Grund seltsam vorkam. Er lief irgendwie nicht hundegemäß und das machte ihn unheimlich. Weit und breit war auch kein Herrchen zu sehen. Dann überquerte er die Strasse in meine Richtung. Da sah ich es – das war überhaupt kein Hund, das war ein Fuchs. Man sah es vor allem an dem puschligen Schwanz und den ganz anderen, sichernden Bewegungen. Während er an mir vorübereilte in Richtung eines Wohnblocks blickte er mich an. Da hatte er was von einem Dingo, irgend einem Wildhund. Aber am Ende einigte ich mich mit einem Ehepaar, die dem Tier ebenfalls erstaunt hinterher blickten, dass es ein Fuchs sein muss. Ich blieb eine Minute stehen, da sah ich ihn noch mal auftauchen und in meine Richtung blicken. Dann war er verschwunden. Ein Fuchs in der Großstadt, ich weiß gar nicht, ob das sehr ungewöhnlich ist. Mir ist noch nie einer begegnet in Berlin.

Montag, 18. Oktober 2004

Unfall

Schon morgens um sechs haben wir dauernd die Feuerwehr gehört, mehr als es sonst der Fall ist. Beim Blick aus dem Fenster kurz nach dem Aufstehen wurde deutlich, was los ist. Es gab einen Unfall mit einem Tanklastzug. Ungefähr 300 Meter von hier. Ob es sich um brennbare Flüssigkeit handelt, ist nicht deutlich, es hat sich offensichtlich auch nichts entzündet. Die Stelle ist weiträumigst abgesperrt. Wir sehen von unserem Fenster aus die blauen Lichter von Polizei und Feuerwehr und das verunglückte Fahrzeug auch. Es war gerade über die kleine Anhöhe kurz vor der Einfahrt auf die Prenzlauer Chaussee gekommen.
So was bekommt man hier alles "live" mit, wenn man an einer Autobahnauffahrt wohnt. Ich frage mich, was da passiert sein mag. Es ist doch eine ziemlich harmlose Strecke, stadteinwärts nach Berlin.

Freitag, 15. Oktober 2004

Der Zeitgeist wechselt

»Es entsteht eine neue Unternehmenskultur, die den sozialen Ausgleich deutlich geringer bewertet als bisher«, so stand es kürzlich in einer Zeitung zickereien und wenn man so was liest, dann schreckt man kaum noch auf. Einige Tage später stellte die „taz“ gleiches in etwas holpriger Diktion fest: »Die die Nachfrage stabilisierende Funktion der sozialen Sicherungssysteme hat sich für multinational operierende Großunternehmen relativiert«.
So sieht’s aus und so erleben es gegenwärtig die Opel –Arbeiter. Die agieren noch nach dem Motto »Das können die mit uns doch nicht machen«. Die Überzeugung vom eigenen Wert wird trotzig demonstriert. Eine Überzeugung, die man Arbeitern anderer Landstriche nicht mehr zubilligte, von denen man glaube, dass die im wesentlichen wohl selbst schuld gewesen seien an der Misere.
Es ist vorbei mit den Aushandeleien. Wenn überhaupt noch Kompromisse, dann nur noch fürs Image. Im Wesentlichen werden die Arbeiter und Angestellten wohl sehen müssen wo sie bleiben. Der Staat übernimmt einige Reparaturarbeiten, federt – wenn das noch geht, den Strukturwandel weiter ab oder so.

So sind nun mal die Zeiten. Und gerade darum entsetzt mich die vorauseilende Anpassung von Leuten an das, was man den Zeitgeist nennt.
Es ist wie ein Knacken in einer Weiche und dann wird klar. Ja, was eigentlich? Der Zeitgeist wechselt das Gleis.
Noch sind die Leute irritiert, weil sie noch immer auf dem falschen Perron stehen – da wo es noch den Glauben an eine Unternehmenskultur gibt, an sozialen Ausgleich. Bald aber gehen die ersten - jene, die immer wachsam sind, damit sie den neuen Trend nicht verpassen - auf das neue Gleis und höhnen von dort in Richtung der weniger Entschlussfreudigen. Sie führen die neuen Reizvokabeln im Mund, als wäre es gar nichts »Schon Hartz IV-Anträge ausgefüllt?« fragen sie ihre Widersacher jetzt höhnisch, wo vorher eine andere Gemeinheit gebraucht wurde oder sie raten ihren Kontrahenten, sich eine Nummer zu nehmen und zu warten. Ganz im neuen Trend, mit im Spiel mit den neuen Ängsten, für deren Bewältigung neue Scherze her müssen.
Und wenn einem das auffällt, wenn man sich hin und wieder darüber ärgert, weil man dieses beflissene Anpassen an den Zeitgeist nicht mag und schrecklich findet, weil man nicht so sein will, weil man sich nicht mehr einfach automatisch regulierend anpassen will, dann ist man ein Spielverderber. Aber das macht nichts, weil man – bei diesen rasanten Wechseln des Zeitgeistes – ganz schnell auch wieder ein Deckenfluter werden kann, ein Himmelsstürmer oder auch ein Bruchpilot. Wer weiss das schon.

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