Angela Merkel
Als ich vor vielen Jahren als kurzfristige Ausleihkraft zum Büro des Regierungssprechers kam, saß da auch eine junge Frau rum, die ziemlich blässlich war und einen Parka oder etwas ähnliches trug und im Fernsehen eine Debatte verfolgte.
Ich musste mich erst reinfinden und beschäftigte mich mit anderen Sachen etwas abseits. Sie aber sagte freundlich: „Na, setz Dich doch mit her“. Es gehörte u.a. zu meinen Aufgaben, Interview-Wünsche für den Ministerpräsidenten entgegenzunehmen, ein bisschen zu sortieren und dann Termine abzuklären, wenn er einverstanden war. Ich war heilfroh, dass mir die junge unauffällige Person immer gleich diese Gänge abnahm, den Ministerpräsidenten fragte und mir Bescheid gab, denn ich konnte dann effektiver arbeiten.
Die junge Frau war unglaublich fleißig und nach und nach hängte sie den Regierungssprecher ab, weil der außer einem gewinnenden Wesen wenig an Kompetenz besaß. Bald merkte ich aber auch, dass sie konkurrenzbewusst war und sich mit ihr immer dann Konflikte anbahnten, wenn sie Angst hatte wegen ihres Mangels an Erfahrung überfahren zu werden. Ich war schon länger in dem Beruf und darum fragte ich sie hin und wieder, was sie in dieser oder jener Sache tun wolle oder sagte, was ich tun würde. „Das müssen Sie mir nicht sagen“, antwortete sie meist etwas abweisend. Darum nahm ich mich zurück, es gab genug zu tun. Ihre Sekretärin meinte respektvoll, bei ihr sei zwar viel Kram auf dem Schreibtisch, aber sie verwalte ihr kleines Chaos trotzdem effektiv. Und man konnte sich auf sie verlassen. Mir unterlief in dieser Zeit ein äußerst peinlicher Fehler: Ich sah den damaligen Leiter der Treuhand, Reiner Maria Gohlke, auf dem Gang vor dem Zimmer von de Maiziere sitzen und erfuhr nebenher, dass er um seine Abberufung bitten wollte. In meinem Tran sagte ich das einem Journalisten am Telefon und in den nächsten Stunden war der Teufel los. Ausbügeln musste auch sie das, aber sie nahm es mir nicht krumm. Überhaupt war sie immer von höchst gleichmäßiger Temperiertheit. Ich fand sie – obwohl ich ganz anders gestrickt bin – nicht übel.
Am Nachmittag unserer Zusammenarbeit – die DDR gab es am nächsten Tag nicht mehr – saßen wir noch zusammen, rauchten eine Zigarette und sie gab eine Flasche Sekt aus. Sie blieb immer reserviert, immer abwartend. Wir sprachen darüber, was sie für die Zukunft plante. Sie überlegte laut, ob sie nicht doch wieder in die Physik zurücksollte, aber – Günter Krause, dessen Ziehkind sie damals war – riet ihr zu einem Bundestagsmandat. Und so ist es ja auch gekommen. Ich ging zu meiner Arbeit zurück. In deren Ausübung traf ich sie, als sie Frauenministerin war. Sehr unbehaglich fühlte sie sich in diesem Job, das konnte man ihr ansehen. Wir begrüßten uns freundlich, aber sie war schon auf einem anderen Stern. Wenn ich später erlebte, wie man sie auf Haarfrisur und Mimik versuchte zu reduzieren, fand ich zum ersten Mal, dass in diesem Land die Gehässigkeit ein permanentes Stilmittel ist. Was sie aber selbst wirklich politisch will - die Angela Merkel - und ob sie überhaupt politische Leidenschaften besitzt, das hat sich mir nicht erschlossen.
Als ich gestern die Debatte zwischen Merkel und Schröder verfolgte, dachte ich an diese Zeit zurück. So sehr hat sie sich auch wieder nicht geändert. Ihr liegt das politische Tagesgeschäft, aber sehr visionär kommt sie mir auch jetzt nicht vor. Vielleicht aber hat es auch mit den schwindenden Möglichkeiten der Politik überhaupt zu tun.
„In der Berufsforschung gibt es ein Theorem, das besagt, dass ein Beruf um so mehr an Reputation verliert .........je mehr Frauen darin beschäftigt sind“, schrieb kürzlich eine Journalistin.
Nimmt man diesen Gedanken für einen kurzen Augenblick ernst, dann müssten wir uns um das Ansehen des Kanzleramtes Sorgen machen: Denn die Nominierung von Angela Merkel als Kanzlerkandidatin könnte ein Indiz dafür sein, dass das politische Personal an der Spitze gleichgültig zu werden beginnt.“ Das wünsche ich ihr nun auch wieder nicht, der Angela Merkel.
Ich musste mich erst reinfinden und beschäftigte mich mit anderen Sachen etwas abseits. Sie aber sagte freundlich: „Na, setz Dich doch mit her“. Es gehörte u.a. zu meinen Aufgaben, Interview-Wünsche für den Ministerpräsidenten entgegenzunehmen, ein bisschen zu sortieren und dann Termine abzuklären, wenn er einverstanden war. Ich war heilfroh, dass mir die junge unauffällige Person immer gleich diese Gänge abnahm, den Ministerpräsidenten fragte und mir Bescheid gab, denn ich konnte dann effektiver arbeiten.
Die junge Frau war unglaublich fleißig und nach und nach hängte sie den Regierungssprecher ab, weil der außer einem gewinnenden Wesen wenig an Kompetenz besaß. Bald merkte ich aber auch, dass sie konkurrenzbewusst war und sich mit ihr immer dann Konflikte anbahnten, wenn sie Angst hatte wegen ihres Mangels an Erfahrung überfahren zu werden. Ich war schon länger in dem Beruf und darum fragte ich sie hin und wieder, was sie in dieser oder jener Sache tun wolle oder sagte, was ich tun würde. „Das müssen Sie mir nicht sagen“, antwortete sie meist etwas abweisend. Darum nahm ich mich zurück, es gab genug zu tun. Ihre Sekretärin meinte respektvoll, bei ihr sei zwar viel Kram auf dem Schreibtisch, aber sie verwalte ihr kleines Chaos trotzdem effektiv. Und man konnte sich auf sie verlassen. Mir unterlief in dieser Zeit ein äußerst peinlicher Fehler: Ich sah den damaligen Leiter der Treuhand, Reiner Maria Gohlke, auf dem Gang vor dem Zimmer von de Maiziere sitzen und erfuhr nebenher, dass er um seine Abberufung bitten wollte. In meinem Tran sagte ich das einem Journalisten am Telefon und in den nächsten Stunden war der Teufel los. Ausbügeln musste auch sie das, aber sie nahm es mir nicht krumm. Überhaupt war sie immer von höchst gleichmäßiger Temperiertheit. Ich fand sie – obwohl ich ganz anders gestrickt bin – nicht übel.
Am Nachmittag unserer Zusammenarbeit – die DDR gab es am nächsten Tag nicht mehr – saßen wir noch zusammen, rauchten eine Zigarette und sie gab eine Flasche Sekt aus. Sie blieb immer reserviert, immer abwartend. Wir sprachen darüber, was sie für die Zukunft plante. Sie überlegte laut, ob sie nicht doch wieder in die Physik zurücksollte, aber – Günter Krause, dessen Ziehkind sie damals war – riet ihr zu einem Bundestagsmandat. Und so ist es ja auch gekommen. Ich ging zu meiner Arbeit zurück. In deren Ausübung traf ich sie, als sie Frauenministerin war. Sehr unbehaglich fühlte sie sich in diesem Job, das konnte man ihr ansehen. Wir begrüßten uns freundlich, aber sie war schon auf einem anderen Stern. Wenn ich später erlebte, wie man sie auf Haarfrisur und Mimik versuchte zu reduzieren, fand ich zum ersten Mal, dass in diesem Land die Gehässigkeit ein permanentes Stilmittel ist. Was sie aber selbst wirklich politisch will - die Angela Merkel - und ob sie überhaupt politische Leidenschaften besitzt, das hat sich mir nicht erschlossen.
Als ich gestern die Debatte zwischen Merkel und Schröder verfolgte, dachte ich an diese Zeit zurück. So sehr hat sie sich auch wieder nicht geändert. Ihr liegt das politische Tagesgeschäft, aber sehr visionär kommt sie mir auch jetzt nicht vor. Vielleicht aber hat es auch mit den schwindenden Möglichkeiten der Politik überhaupt zu tun.
„In der Berufsforschung gibt es ein Theorem, das besagt, dass ein Beruf um so mehr an Reputation verliert .........je mehr Frauen darin beschäftigt sind“, schrieb kürzlich eine Journalistin.
Nimmt man diesen Gedanken für einen kurzen Augenblick ernst, dann müssten wir uns um das Ansehen des Kanzleramtes Sorgen machen: Denn die Nominierung von Angela Merkel als Kanzlerkandidatin könnte ein Indiz dafür sein, dass das politische Personal an der Spitze gleichgültig zu werden beginnt.“ Das wünsche ich ihr nun auch wieder nicht, der Angela Merkel.
Magda - 5. Sep, 19:50
2 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Tubias - 10. Sep, 02:04
Hallo Magda
Schreibe doch bitte mehr in Deinem Blog. Ich habe hier auf Deinen Beitrag verwiesen.
Viele Grüße,
tubias
Magda - 19. Sep, 09:50
Angela
Hallo Tubias,
hast recht, aber in letzter Zeit hatte ich so viel anderes um die Ohren. Freut mich, wenn Du den Angela-Text interessant fandest und drauf verweist.
Also, danke dafür und ich gebe mir Mühe.
Grüße
Magda
hast recht, aber in letzter Zeit hatte ich so viel anderes um die Ohren. Freut mich, wenn Du den Angela-Text interessant fandest und drauf verweist.
Also, danke dafür und ich gebe mir Mühe.
Grüße
Magda
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